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Kochsalzersatz kann hohen Blutdruck senken und kardiovaskuläre Komplikationen verhindern


Eine Studie von Neal B et al. Effect of Salt Substitution on Cardiovascular Events and Death. NEJM 2021; DOI: 10.1056/NEJMoa2105675.

Zusammengefasst von Prof. Dr. Gerd Bönner.

Eine Kochsalzrestriktion führt bei Hypertonikern in der Regel zu einer Blutdrucksenkung, sei es spontan aufgrund einer Salzsensitivität oder sekundär durch ein besseres Ansprechen auf Antihypertensiva. In alten Studien (TOPH I und II) konnte bereits gezeigt werden, dass durch die Blutdrucksenkung kardiale Ereignisse reduziert werden. Für die kardiale Mortalität waren die Ergebnisse noch nicht signifikant. Da sich in den letzten Jahren herausgestellt hat, dass eine gleichzeitige Kaliumsubstitution den Effekt der Natriumrestriktion verstärkt, haben nun Forscher in China untersucht, welchen Effekt die Natriumrestriktion durch Gabe von Kaliumersatzsalzen auf das kardiovaskuläre Risiko von Hypertonikern mit hohem Risiko hat. Versuche, Kochsalz gänzlich durch Kaliumsalz zu ersetzen, scheiterten daran, dass Kaliumchlorid einen ausgeprägten metallischen Geschmack hat und den Genuss der mit ihm gesalzenen Kost negativ beeinträchtigt. Deshalb haben die Forscher der SSaSS Studie (The Salt Substitute and Stroke Study) nur 25 % des Kochsalzes durch Kaliumsalz ersetzt.

In der Studie wurde der Einfluss einer 25 %igen Kochsalzsubstitution durch Kaliumchloridsalz untersucht. In einer offenen, randomisierten, kontrollierten Studie mit verschlüsselter Endpunktauswertung wurde geprüft, ob durch den Austausch des NaCls der Blutdruck langfristig gesenkt werden kann und ob hierüber kardiovaskuläre Endpunkte beeinflusst werden können. Dazu wurden in China in 10 Bezirken von 5 Provinzen ländlicher Prägung 600 Dörfer randomisiert, 300 Dörfer mit der Kochsalzsubstitution und 300 Dörfer ohne Kochsalzsubstitution. In jedem Dorf wurden 35 Hypertoniker über 60 Jahre und mit erhöhtem Blutdruck mit und ohne Apoplex in die Studie eingeschlossen. Alle Patienten wurden aufgefordert, ihre Speisen möglichst selber zu kochen, damit der Fremdeinfluss von Fertigessen auf ein Minimum reduziert werden kann. Das Natrium-Kalium-Salzsubstituat wurde von der Studienleitung kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Den Kaliumstoffwechsel beeinflussende Medikamente wurden ausgeschlossen. Die Studiendauer betrug im Mittel 4,7 Jahre. Das Alter der 20.995 Patienten der Studie lag bei 65,4 Jahre. Der Blutdruck sank im Studienzeitraum unter dem Austauschersalz um 3,4/0,7 mmHg. Darunter kam es in der Verum-Gruppe zu einem Rückgang der Apoplexinzidenz um 14% und der kardiovaskulären Ereignisse um 13%. Die Gesamtmortalität sank um 12% hochsignifikant. Es kam zu keinem klinisch relevanten Anstieg von Hyperkaliämien. Die Studie zeigte zudem, dass ein Austausch von nur 25% NaCl durch KCl von den Patienten über lange Zeit geschmacklich toleriert wird (annähernd 92% Adhärenz über 5 Jahre). Ob diese positiven Effekte des Salzaustausches durch Änderungen in der begleitenden Pharmakotherapie zusätzlich beeinflusst wurden, kann nicht eruiert werden, da diese im Verlauf der Studie nicht erfasst worden sind. Dies bleibt trotz der Randomisierung der Dörfer und der hohen Patientenzahl eine Schwäche der Studie.

Aufgrund der Ergebnisse könnte man schnell zu dem Schluss kommen, KCl-Austauschersalze mit 25% KCl bei allen Hypertoniker einzusetzen. Gegen eine solche globale Empfehlung spricht aber, dass in der SSaSS-Studie keine Hypertoniker mit Nierenerkrankungen untersucht wurden. Da bei diesen Patienten die Gefahr einer Hyperkaliämie deutlich erhöht ist, muss eine Kaliumsubstitution kritischer betrachtet und die Patienten engmaschiger überwacht werden. Es ist ratsam, diese Patienten initial nicht mit KCl-Salzen zu behandeln bis die Sicherheit solcher Salze auch für dieses Kollektiv nachgewiesen wurde. Aus diesem Grunde kann auch der Einsatz von Natrium-Kalium-Austauschsalzen in der Lebensmittelindustrie aktuell noch nicht empfohlen werden. Baldige Studien mit Einschluss von Nierenpatienten wären deshalb äußerst wünschenswert. So bleiben dem Arzt zurzeit nur die individuellen Empfehlungen an seine Patienten zur Kochsalzreduktion, wobei neben dem Meiden von industriellen Fertigprodukten der häusliche Einsatz von Kaliumersatzsalzen mit niedrigem KCl-Anteil (z.B. 25%) zunehmend eine Rolle spielen sollte.